Kurkuma und Curcumin haben zweifellos ein breites Wirkspektrum: Von der positiven Beeinflussung von entzündlichen und oxidativen Prozessen, über eine verbesserte Fettverdauung bis hin zur Senkung des Cholesterinspiegels. Doch beeinflusst Kurkuma auch unmittelbar Erkrankungen von Herz und Gefäßen?

Über Herzkreislauf-Erkrankungen

Unter dem Begriff Herzkreislauf-Erkrankungen werden alle Krankheiten zusammengefasst, die das Herz und die Blutgefäße betreffen. Diese sind in Deutschland weit verbreitet und für über ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich (1). Am häufigsten leiden die Deutschen unter Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder der koronaren Herzkrankheit. Letztere beschreibt eine chronische Verengung der Herzkranzgefäße. Viele dieser Erkrankungen lassen sich durch einen gesunden Lebensstil entweder komplett vermeiden oder zumindest lindern. Eine Gemeinsamkeit dieser Krankheitsbilder ist die Arteriosklerose als zentrale Ursache (2,3).

Arteriosklerose – der Ursprung von Herzinfarkt und Co.

Bei der Arteriosklerose ist die Funktion der Arterien eingeschränkt. Der Grund hierfür ist die Ablagerung von Plaques in der Gefäßwand und eine Funktionsstörung der innersten Zellschicht. Mit der Zeit vergrößern sich die Plaques, sodass die Wände dicker werden. Dadurch fließt weniger Blut durch die Ader. Im schlimmsten Fall ist das Gefäß am Ende komplett verschlossen. Hinter der Ablagerung liegende Organe werden dadurch nicht mehr mit Blut versorgt. Ist das Herz von dieser Minderversorgung betroffen, kommt es zum Herzinfarkt. Betrifft sie das Gehirn, entsteht ein Schlaganfall.

Es können sich auch Teile der Plaques lösen und über den Blutkreislauf in die Lunge gelangen. Das führt zu einer lebensgefährlichen Lungenembolie (4). Die Arteriosklerose geht darüber hinaus mit einer chronischen Entzündung einher, welche durch die Ansammlung der Plaques ausgelöst wird. Die davon angezogenen Immunzellen setzen sich dort fest und reagieren mit den Fettanteilen der Ablagerung, was die Entzündung aufrechterhält (5).

Risikofaktoren für die Entstehung der Arteriosklerose sind in großen Teilen beeinflussbar. Dazu gehören der Nikotin- und Alkoholkonsum, Bluthochdruck, fetthaltige Ernährung und Übergewicht. Auch ein Diabetes mellitus trägt dazu bei. Andere, nicht beeinflussbare Risikofaktoren sind das Alter und die erbliche Veranlagung. Allerdings bewirkt ein gesunder Lebensstil auch hier viel, da ohne weitere Risikofaktoren oft keine Arteriosklerose auftritt (6).

Kurkuma und kardiovaskuläre Risikofaktoren

Das in Kurkuma enthaltene Curcumin ist bekannt für seine antientzündliche und antioxidative Wirkung. Über diese Mechanismen ist es dazu in der Lage, zahlreiche Erkrankungen zu beeinflussen (7). Verschiedene Studien konnten darüber hinaus belegen, dass es auch einen positiven Effekt auf mehrere Risikofaktoren für Arteriosklerose hat. So untersuchte eine Analyse von insgesamt 11 Studien mit 734 Probanden, inwieweit Curcumin den Blutdruck beeinflusst. Dabei konnte man zeigen, dass Curcumin den systolischen Blutdruck signifikant reduziert (8).

Eine andere Analyse hat ergeben, dass Curcumin bei an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten Personen Blutzuckerspiegel und Blutfettwerte senkt. Ist der Blutzuckerspiegel bei Diabetikern zu hoch, kommt es auf Dauer zu Gewebeschäden. Curcumin sorgt dafür, dass vermehrt Insulin ausgeschüttet und der Blutzuckerspiegel effektiver gesenkt wird. Auch Entzündungen spielen eine Rolle bei der Entstehung von Diabetes. Unter anderem stören Entzündungsmediatoren die Aktivität der Insulin-Rezeptoren. Dank seiner entzündungshemmenden Wirkung wirkt Curcumin auch auf diesem Wege der gestörten Blutzuckerregulation entgegen (9,10).

Ein wichtiger Mechanismus bei der Entstehung von Arteriosklerose ist die sogenannte endotheliale Dysfunktion. Unter diesem Begriff versteht man eine gestörte Funktion der innersten Zellschicht der Gefäße. Normalerweise produzieren die dortigen Zellen Stoffe, die die Gefäße weitstellen und die Ablagerung von Plaques verhindern. Bedingt durch die zuvor genannten Risikofaktoren, kann ihre Funktion jedoch gestört sein. Studien haben ergeben, dass die Einnahme von Curcumin die Funktion der inneren Zellschicht verbessert. Diese Wirkung zeigte sich durch einen verbesserten Blutfluss und eine gesteigerte Gefäßelastizität (11).

Kurkuma als Herzmedikation?

Es lässt sich also festhalten, dass Kurkuma und Curcumin kardiovaskuläre Risikofaktoren und frühe Erkrankungsmechanismen positiv beeinflussen. Allerdings konnte ein unmittelbarer Effekt auf Arteriosklerose bislang ausschließlich an Mäusen demonstriert werden. Das liegt daran, dass bei Human-Studien für die Erfolgsbewertung sogenannte Ersatzgrößen oder Surrogateparameter benutzt werden: Während man die Mäuse seziert und sich direkt die Plaques in den Gefäßen anschaut, führt man beim Menschen nur eine Pulswellen-Analyse oder einen Ultraschall der Gefäße durch. Dabei wird ermittelt, wie gut der Blutfluss nach Einnahme des Wirkstoffes ist. Tritt eine Verbesserung ein, spricht das für einen positiven Einfluss auf das Krankheitsgeschehen, ohne diesen aber zu beweisen (12).
In verschiedenen Studien mit Mäusen konnte tatsächlich die Größe arteriosklerotischer Plaques durch Curcumin verringert werden. Auch die Blutfettwerte sanken. Diese Effekte traten jedoch nur bei bestimmten Dosierungen ein, und bei einer zu hohen Menge ließ die Wirkung nach (13). Wie bei vielen anderen Tierversuchen lassen sich diese Ergebnisse nicht direkt auf den Menschen übertragen. Sie sind nichtsdestotrotz vielversprechend.

Neben dem ungeklärten Effekt besteht ein Unterschied zwischen der Wirkung von Curcumin und herkömmlichen, gegen Arteriosklerose eingesetzten Medikamenten. Aktuell gibt es noch keine Wirkstoffe, die die Arteriosklerose auflösen und heilen können. Man kann jedoch der Vergrößerung und Ausbreitung der Plaques entgegenwirken. Die Therapie ist individuell und hängt immer davon ab, welche Risikofaktoren vorliegen. So werden meistens Medikamente verschrieben, die den Blutdruck senken und somit das Herz entlasten. Für einen besseren Blutfluss bekommt man Blutverdünner dazu, und auch die Blutfettwerte werden medikamentös gesenkt. In bestimmten Fällen wird das betroffene Gefäß mittels eines Katheters aufgedehnt. Auch operative Entfernungen der Plaques sind möglich. Leider gilt auch hier, dass diese Verfahren nicht zur Heilung führen. Sie lindern nur die Symptome und verhindern die Entstehung von Folgeschäden (14). Das Curcumin hingegen wirkt direkt auf die Arteriosklerose. Wie in den Studien mit Mäusen festgestellt wurde, verringert es die Größe der Plaques. Auch die Entstehung von Gefäßschäden kann durch die Einnahme von Curcumin vermieden werden (11).

Curcumin scheint also krankheitsmodifizierend zu wirken. Das ist insofern positiv, da sich hieraus vor allem spannende Möglichkeiten zur Krankheitsprävention ergeben. So weiß man mittlerweile, dass eine Ernährung reich an entzündungshemmenden Lebensmitteln das Risiko von Herzkreislauf-Erkrankungen reduziert (15). Das bedeutet aber auch, dass man Curcumin nicht als Ersatz zur Standardtherapie betrachten sollte: Ist die Erkrankung bereits weit fortgeschritten und die Herzfunktion schon reduziert, hat die Therapie vor allem eine entlastende Funktion. Diese kann nicht einfach von Curcumin übernommen werden.

Mizell-Kurkuma gegen kardiovaskuläre Risikofaktoren

Limitierender Faktor bei der therapeutischen Anwendung von Curcumin ist die geringe Bioverfügbarkeit von Curcumin. Kaum wasserlöslich, wird es nur begrenzt ins Blut aufgenommen (16). Die effektivste Methode zur Überwindung dieser Hürde ist die Darreichung als Mizell-Kurkuma: Mit dieser Technologie gelingt eine Steigerung der Bioverfügbarkeit um das bis zu 185-fache (17). Im Direktvergleich mit anderen Curcumin-Präparaten ist dieser Effekt bislang unerreicht (18). Eine Meta-Analyse zum Einfluss von Curcumin auf kardiovaskuläre Risikofaktoren kam daher auch zu dem Ergebnis, dass mizellares Curcumin effektiver Blutzucker, Insulin- und Cholesterinspiegel modifiziert als einfaches Curcumin (19).

Fazit

Die positive Wirkung von Curcumin auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und vor allem Entzündungen ist hinreichend bewiesen. Auch die Ergebnisse der Studien zum Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen und insbesondere Arteriosklerose sind vielversprechend und sollten unbedingt weiter untersucht werden. Es gibt allerdings noch viele Unklarheiten in Bezug auf die genauen Wirkmechanismen, Anwendung und Dosierung.

Auch wenn es keinen Ersatz für eine medikamentöse Therapie darstellt, kann gerade mizellares Curcumin einen Beitrag zur Krankheitsvorbeugung leisten. Im Rahmen eines gesunden Lebenswandels lässt sich dadurch das Risiko schwerwiegender Herzkreislauf-Erkrankungen reduzieren.

Quellenverzeichnis

  1. Statistisches Bundesamt: Todesursachen https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt.html (abgerufen am 03.02.2023)
  2. Bundesverband Niedergelassener Kardiologen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen https://www.bnk.de/herz-kreislauf-erkrankungen.html#:~:text=Die%20am%20h%C3%A4ufigsten%20auftretenden%20Herz,%2C%20Bluthochdruck%2C%20Herzmuskelentz%C3%BCndungen%20und%20Herzrhythmusst%C3%B6rungen. (abgerufen am 03.02.2023)
  3. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Herz-Kreislauf-Erkrankungen https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/herz-kreislauf-erkrankungen-6297.php (abgerufen am 03.02.2023)
  4. Silbernagl SArteriosklerose. In: Silbernagl SLang F, Hrsg. Taschenatlas Pathophysiologie. 6., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019.
  5. Wolf D, Ley K. Immunität und Entzündung bei Arteriosklerose [Immunity and inflammation in atherosclerosis]. Herz. 2019 Apr;44(2):107-120. doi: 10.1007/s00059-019-4790-y. PMID: 30859253; PMCID: PMC6623985.
  6. Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten: Arterienverkalkung: Ursachen & Risikofaktoren https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/arteriosklerose/ursachen-risikofaktoren.html (abgerufen am 03.02.2023)
  7. Peng Y, Ao M, Dong B, Jiang Y, Yu L, Chen Z, Hu C, Xu R. Anti-Inflammatory Effects of Curcumin in the Inflammatory Diseases: Status, Limitations and Countermeasures. Drug Des Devel Ther. 2021 Nov 2;15:4503-4525. doi: 10.2147/DDDT.S327378. PMID: 34754179; PMCID: PMC8572027.
  8. Hadi A, Pourmasoumi M, Ghaedi E, Sahebkar A. The effect of Curcumin/Turmeric on blood pressure modulation: A systematic review and meta-analysis. Pharmacol Res. 2019 Dec;150:104505. doi: 10.1016/j.phrs.2019.104505. Epub 2019 Oct 21. PMID: 31647981.
  9. Altobelli E, Angeletti PM, Marziliano C, Mastrodomenico M, Giuliani AR, Petrocelli R. Potential Therapeutic Effects of Curcumin on Glycemic and Lipid Profile in Uncomplicated Type 2 Diabetes-A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trial. Nutrients. 2021 Jan 27;13(2):404. doi: 10.3390/nu13020404. PMID: 33514002; PMCID: PMC7912109.
  10. Aggarwal BB, Harikumar KB. Potential therapeutic effects of curcumin, the anti-inflammatory agent, against neurodegenerative, cardiovascular, pulmonary, metabolic, autoimmune and neoplastic diseases. Int J Biochem Cell Biol. 2009 Jan;41(1):40-59. doi: 10.1016/j.biocel.2008.06.010. Epub 2008 Jul 9. PMID: 18662800; PMCID: PMC2637808.
  11. Changal KH, Khan MS, Bashir R, Sheikh MA. Curcumin Preparations Can Improve Flow-Mediated Dilation and Endothelial Function: A Meta-Analysis. Complement Med Res. 2020;27(4):272-281. English. doi: 10.1159/000506180. Epub 2020 Feb 26. PMID: 32101871.
  12. Reshetnik A, Tölle M, Eckardt KU, van der Giet M. Would Oscillometry be Able to Solve the Dilemma of Blood Pressure Independent Pulse Wave Velocity – A Novel Approach Based on Long-Term Pulse Wave Analysis? Front Physiol. 2020 Oct 8;11:579852. doi: 10.3389/fphys.2020.579852. PMID: 33132917; PMCID: PMC7579143.
  13. Lin K, Chen H, Chen X, Qian J, Huang S, Huang W. Efficacy of Curcumin on Aortic Atherosclerosis: A Systematic Review and Meta-Analysis in Mouse Studies and Insights into Possible Mechanisms. Oxid Med Cell Longev. 2020 Jan 9;2020:1520747. doi: 10.1155/2020/1520747. PMID: 31998433; PMCID: PMC6973199.
  14. Berufsverband der Internistinnen und Internisten in Deutschland: Behandlung der Arteriosklerose https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/arteriosklerose/behandlung-der-arteriosklerose.html (abgerufen am 03.02.2023)
  15. Ji, M., Hong, X., Chen, M., Chen, T., Wang, J., & Zhang, N. (2020). Dietary inflammatory index and cardiovascular risk and mortality: A meta-analysis  of cohort studies. Medicine, 99(20), e20303.
  16. Liu, W., Zhai, Y., Heng, X., Che, F. Y., Chen, W., Sun, D., & Zhai, G. (2016). Oral bioavailability of curcumin: problems and advancements. Journal of Drug Targeting, 1–9.
  17. Schiborr, C., Kocher, A., Behnam, D., Jandasek, J., Toelstede, S., & Frank, J. (2014). The oral bioavailability of curcumin from micronized powder and liquid micelles is significantly increased in healthy humans and differs between sexes. Molecular Nutrition and Food Research, 58(3), 516–527.
  18. Flory, S., Sus, N., Haas, K., Jehle, S., Kienhöfer, E., Waehler, R., Adler, G., Venturelli, S., & Frank, J. (2021). Increasing Post-Digestive Solubility of Curcumin Is the Most Successful Strategy to  Improve its Oral Bioavailability: A Randomized Cross-Over Trial in Healthy Adults and In Vitro Bioaccessibility Experiments. Molecular Nutrition & Food Research, 65(24), e2100613.
  19. Sun, Z., Wei, X., Bai, J., Li, W., Yang, J., Deng, Z., Wu, M., Ying, T., & He, G. (2022). The effects of curcumin on anthropometric and cardiometabolic parameters of  patients with metabolic related diseases: a systematic review and dose-effect meta-analysis of randomized controlled trials. Critical Reviews in Food Science and Nutrition, 1–17.