Verdauungsprobleme sind ein weit verbreitetes Leiden, über das kaum jemand gerne spricht. Reizdarm, Reizmagen und chronische Verstopfungen betreffen einen Großteil der Bevölkerung. Die Ursachen sind so vielfältig wie die Symptome, wobei eines die Betroffenen verbindet: Der Leidensdruck ist hoch.
Dem Gewürz Kurkuma werden verdauungsfördernde Eigenschaften nachgesagt. Könnte es also eine echte Alternative darstellen?

Wie funktioniert die Verdauung?

Verdauen wir unsere Nahrung, so durchläuft sie viele verschiedene Stationen im Körper. Im Mund wird das Essen mechanisch zerkleinert. Im Speichel befinden sich darüber hinaus bereits Enzyme, welche Kohlenhydrate chemisch aufspalten. Die Zunge transportiert den Speisebrei weiter zum Gaumen und durch Schlucken in die Speiseröhre.

Im Magen angekommen, wird der Brei durch den Magensaft zersetzt. Dieser enthält weitere Enzyme und Salzsäure, die die Proteine in der Nahrung aufspalten. Allein der Gedanke und das Betrachten von Essen regt die Magensaft-Produktion bereits an. Durch Muskelbewegungen wird der Brei mit dem Magensaft vermischt und nach sechs Stunden weiter in den Dünndarm transportiert.

Im Dünndarm wird der Nahrungsbrei mit dem Sekret aus der Bauchspeicheldrüse und der Galle aus der Leber vermischt. Darin enthalten sind weitere Enzyme, die die Nahrung in ihre Bestandteile aufspalten. Anschließend werden die Nahrungsbestandteile über die Schleimhaut aufgenommen. Durch sie gelangen die Nährstoffe direkt ins Blut.

Der Dickdarm ist die letzte Station der Nahrung. Auf den Wänden des Dickdarms sitzen zahlreiche Bakterien. Sie zersetzen die Nahrungsreste, die im Dünndarm nicht verdaut wurden. In einem zwölf-stündigen Prozess werden hier die letzten Nährstoffe und Wasser entzogen. Gleichzeitig wird dem Brei Schleim zugesetzt, der die Ausscheidung erleichtert. Durch Wellenbewegungen des Dickdarms gelangt die Nahrung bis zum Schließmuskel, über den sie als Stuhl ausgeschieden wird (1).

Kurkuma fördert die Fettverdauung

Menschen mit Verdauungsproblemen kennen das Problem: Gerade fette, deftige Speisen strapazieren den Darm auf besondere Weise. Genau hier hilft glücklicherweise Kurkuma. Ihr Verdauungs-fördernder beruht hauptsächlich auf ihrer choleretischen Wirkung. Ein Choleretikum wie das in Kurkuma enthaltene Curcumin, fördert den Gallenfluss und damit die Fettverdauung (2,3).

Die in der Leber gebildete und in der Gallenblase gespeicherte Galle ist maßgeblich an der Fettverdauung beteiligt. Dank der Galle bilden sich aus dem Nahrungsbrei im Dünndarm kleine Fett-Tröpfchen. Erst dann können fettspaltende Enzyme mit ihrer Arbeit beginnen und die Fette für den Körper verwertbar machen (4).

Für Kurkuma konnte nachgewiesen werden, dass es den Gallenfluss und die Gesamtgallensäure bei der Verdauung erhöht. Damit verbessert die Einnahme von Kurkuma die Verdauung fetthaltiger Speisen, die typischerweise bei vielen Menschen Probleme verursacht (3).

Kurkuma bei Reizdarm – wenn der Darm streikt 

Eine Erkrankung, die maßgeblich durch Verdauungsprobleme charakterisiert ist, ist der sogenannte Reizdarm. Die Symptome umfassen dabei Bauchschmerzen, Durchfall und Verstopfung. Die genauen Ursachen für dieses Syndrom sind nicht bekannt. Vermutet wird eine Entzündung der Darminnenwand. Auch überempfindliche Darmnerven oder eine gestörte Darmmuskulatur sind mögliche Ursachen. Stress, eine falsche Ernährung und Vorerkrankungen im Darm begünstigen ebenfalls dieses Krankheitsbild (5).

Eine Milderung der Symptome wird manchmal durch den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel erreicht. Ein Patentheilmittel gibt es jedoch nicht und eine Behandlung wird meist individuell auf den Betroffenen angepasst. Teilweise helfen Pfefferminzöl, Probiotika, Mittel gegen Verstopfung und Krämpfe. Selbst Antibiotika, Antidepressiva oder psychologische Verfahren kommen zur Anwendung (6).

Die Kurkuma-Pflanze enthält unter anderem entzündungshemmende Stoffe. Vor Allem der natürliche Pflanzenfarbstoff Curcumin spielt eine entscheidende Rolle. Er verleiht dem Pulver nicht nur die gelbe Farbe, sondern bedingt auch maßgeblich dessen gesundheitlichen Nutzen. Curcumin wirkt dabei vor allem als Entzündungshemmer und Antioxidans. Entzündungen und oxidativer Stress begünstigen sich gegenseitig und Curcumin wirkt beiden entgegen. Genau diese Kombination aus Entzündungshemmung, antioxidativer Wirkung und Förderung der Fettverdauung macht Kurkuma für Reizdarm-Patienten so interessant. Erste klinische Studien konnten entsprechend auch bereits demonstrieren, dass Kurkuma die Symptome eines Reizdarms lindert und die Lebensqualität verbessert (7,8,14).

So wurden beispielsweise in einer 8-wöchigen Studie 79 Probanden mit Verdauungsstörungen untersucht. Unter anderem wurden dabei gastrointestinale Symptome und subjektiver Stress und Angst evaluiert. Durch die Einnahme von Curcumin gegenüber einem Placebo verbesserten sich sowohl die Verdauungsbeschwerden, als auch das Stress-Empfinden (16).

Kurkuma, Leaky Gut und das Mikrobiom

Eine wichtige Rolle bei Reizdarm und Verdauungsstörungen allgemein spielen das Mikrobiom und der sogenannte “Leaky gut”. Bei einem Leaky Gut liegt eine Störung der Schleimhaut im Dünndarm vor. Die Folge ist, dass Bakterien oder andere schädliche Substanzen in den Blutkreislauf gelangen und chronische Entzündungen auslösen. Auch Nährstoffe werden nicht mehr richtig absorbiert. Enzyme, die die Nahrung zersetzen, werden nicht mehr produziert. Ursache ist meist eine ungesunde Ernährung (10), seltener auch eine entzündliche Darmerkrankung (9).

Das Mikrobiom ist die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die sich auf dem menschlichen Körper befinden. Seine Zusammensetzung ist so individuell wie der Fingerabdruck. Das Mikrobiom des Darms findet sich hauptsächlich auf der Innenseite der Dickdarm-Wand. Diese Darmflora setzt sich vor allem aus schützenden Bakterien zusammen und befindet sich im Gleichgewicht mit dem Immunsystem. Jeder Mensch trägt circa zwei Kilogramm an Bakterien in sich. Ein gesundes Mikrobiom zeichnet sich durch eine hohe Diversität an Mikroorganismen aus. Das bedeutet, dass das Vorkommen verschiedener Bakterien sehr vielfältig ist. Es ist mitverantwortlich für eine gesunde Verdauung und die Entwicklung des Immunsystems. Außerdem “ernährt” es im gesunden Zustand die Zellen der Darmwand, was dem Leaky gut entgegenwirkt. Gerät das Mikrobiom jedoch umgekehrt ins Ungleichgewicht, verändert das die Aktivität des Immunsystems. In der Folge werden Entzündungen gefördert (11). Dadurch wird der Körper auch anfälliger für Erkrankungen durch schädliche Mikroorgansimen (12).

Curcumin konnte nachweislich die Schäden, die oft der Grund für einen Leaky Gut sind, reduzieren. Das Curcumin erhöht die Aktivität bestimmter Enzyme in den Schleimhautzellen. Dadurch stärkt es die Barriere zwischen dem Inhalt des Darms und dem Blutkreislauf und verhindert so systemische Erkrankungen (10).

Auch das Mikrobiom steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Curcumin. Es fungiert als sogenanntes Präbiotikum für die Bakterien des Mikrobioms. Präbiotika sind Stoffe, die im Darm nicht verdaut werden. Sie werden erst von den Mikroorganismen im Dickdarm aufgenommen und dort fermentiert. Dabei dienen sie den gesunden Bakterien als “Nahrung” und fördern deren Wachstum (15). Auch Curcumin scheint einen derartigen Effekt zu erzielen. Es fördert das Wachstum gesunder Bakterien und reduziert das Aufkommen krankheits-assoziierter Stämme. Auch die Diversität des Mikrobioms wird positiv beeinflusst (13).

In einer kleineren Studie an gesunden Probanden wurden der Effekt von Kurkuma, Curcumin und einem Placebo auf das Mikrobiom verglichen. Dabei wurde eine Zunahme der Bakterien-Spezies um 7% beim Kurkuma und sogar 69% beim Curcumin beobachtet! Im Gegensatz dazu sank die Spezies-Zahl in der Placebogruppe um 15%. Dieser positive Effekt unterlag jedoch auch großen individuellen Schwankungen (17).

Die Bioverfügbarkeit – auch im Darm wichtig?

Curcumin wird nur schlecht im Darm absorbiert. Man spricht von einer geringen Bioverfügbarkeit (18). Das spielt bei vielen Anwendungen von Curcumin eine wichtige Rolle. Doch wie groß ist die Bedeutung bei Verdauungsproblemen und Darmerkrankungen? Um im Darm wirken zu können, muss das Curcumin ja nicht zwangsweise ins Blut gelangen (19).

Eine abschließende Antwort auf diese Frage steht noch aus. Eine Beeinflussung des Mikrobioms scheint ja durch normales Curcumin durchaus möglich zu sein (13,17). Doch spätestens, wenn es um die entzündungshemmende Wirkung geht, kommt das Immunsystem als organ-übergreifendes System ins Spiel.

Im Zweifel kann ein Selbstversuch hier helfen. Dabei kann man zumindest festhalten, dass mizellares Curcumin die höchste bekannte Bioverfügbarkeit aufweist (20,21,22).

Fazit

Kurkuma ist eine gute Möglichkeit, die Verdauung zu verbessern. Dank seiner choleretischen Wirkung hilft es vor allem bei der Fettverdauung. Darüber hinaus stärkt es aber auch die Darmbarriere bei Leaky gut und fördert ein gesundes Mikrobiom.

Die Kombination aus entzündungshemmenden, antioxidativen und antimikrobiellen Eigenschaften des Curcumin hilft darüber hinaus Patienten mit Reizdarm-Syndrom. Es lindert die Symptome und steigert die Lebensqualität der Betroffenen.

Quellenverzeichnis

  1. So funktioniert die Verdauung – Helsana (21.12.2022)
  2. Choleretisch – DocCheck Flexikon (22.12.2022)
  3. Wang, Y., Wang, L., Zhu, X., Wang, D., & Li, X. (2016). Choleretic Activity of Turmeric and its Active Ingredients. Journal of Food Science, 81(7), H1800–H1806. https://doi.org/10.1111/1750-3841.13348
  4. Kasper, H. (2020). Ernährungsmedizin und Diätetik. 13. Auflage, Elsevier GmbH Ernährungsmedizin und Diätetik: Unter Mitarbeit von Walter Burghardt – Heinrich Kasper, Walter Burghardt – Google Books
  5. Layer P, Andresen V, Pehl C, Allescher H, Bischoff SC, Claßen M et al. S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM): AWMF-Registernr.: 021-016. Z Gastroenterol 2011; 49(2): 237-293.
  6. Ford AC, Vandvik PO. Irritable bowel syndrome: dietary interventions. BMJ Clin Evid 2015.
  7. Jafarzadeh E, Shoeibi S, Bahramvand Y, Nasrollahi E, Salek Maghsoudi A, Yazdi F, KarkonShayan S, Hassani S. Turmeric for Treatment of Irritable Bowel Syndrome: A Systematic Review of Population-Based Evidence. Iran J Public Health. 2022;51(6):1223-1231.
  8. Ng, Q.X.; Soh, A.Y.S.; Loke, W.; Venkatanarayanan, N.; Lim, D.Y.; Yeo, W.-S. A Meta-Analysis of the Clinical Use of Curcumin for Irritable Bowel Syndrome (IBS). J. Clin. Med. 20187, 298. https://doi.org/10.3390/jcm7100298
  9. leaky gut – IMD Institut für medizinische Diagnostik, Labor (imd-berlin.de) (27.12.2022)
  10. Jing Wang, Siddhartha S. Ghosh, and Shobha Ghosh (2017) Curcumin improves intestinal barrier function: modulation of intracellular signaling, and organization of tight junctions. American Journal of Physiology-Cell Physiology 2017 312:4, C438-C445
  11. Intestinales Mikrobiom – ein Überblick (fet-ev.eu) (27.12.2022)
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  13. Scazzocchio, B.; Minghetti, L.; D’Archivio, M. Interaction between Gut Microbiota and Curcumin: A New Key of Understanding for the Health Effects of Curcumin. Nutrients 202012, 2499. https://doi.org/10.3390/nu12092499
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  15. Präbiotika – die besten präbiotischen Lebensmittel | cerascreen
  16. Lopresti AL, Smith SJ, Rea A, Michel S. Efficacy of a curcumin extract (Curcugen™) on gastrointestinal symptoms and intestinal microbiota in adults with self-reported digestive complaints: a randomised, double-blind, placebo-controlled study. BMC Complement Med Ther. 2021 Jan 21;21(1):40. doi: 10.1186/s12906-021-03220-6. PMID: 33478482; PMCID: PMC7818735.
  17. Peterson CT, Vaughn AR, Sharma V, et al. Effects of Turmeric and Curcumin Dietary Supplementation on Human Gut Microbiota: A Double-Blind, Randomized, Placebo-Controlled Pilot Study. Journal of Evidence-Based Integrative Medicine. 2018;23. doi:10.1177/2515690X18790725
  18. Liu, W., Zhai, Y., Heng, X., Che, F. Y., Chen, W., Sun, D., & Zhai, G. (2016). Oral bioavailability of curcumin: problems and advancements. Journal of Drug Targeting, 1–9. https://doi.org/10.3109/1061186X.2016.1157883
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